Braunbären Europa Trekking Weitwandern Wandern Zelten Übernachten

Bären und Trekking – was sollte man bei Wanderungen mit Zelt in Europa beachten?

by Stefan

Bären und Wölfe sind in Europa wieder stärker verbreitet als noch vor 20 Jahren. Was insgesamt zu begrüßen ist, kann aber natürlich auch zu Konflikten führen, wenn Menschen auf Wildtiere treffen.

Wir haben daher Kontakt zu Michaela Skuban gesucht und Sie gebeten unsere Fragen zu Bären (insbesondere beim Wandern, Trekking und Zelten) zu beantworten. Michaela hat langjährige Erfahrungen im Umgang mit Bären und hat an verschiedenen Forschungsprojekten in Zusammenhang mit Bären gearbeitet.

MyTrails: Hallo Michaela! Danke, dass du dir die Zeit nimmst, um unsere Fragen zu beantworten!

Michaela: Hallo Stefan! Das mache ich gerne und es ist auch Teil meines Jobs, zu diesem Thema zu beraten und aufzuklären.

MyTrails: In welchen Ländern/Gebieten Europas ist der Bär wieder auf dem Vormarsch? Wo gibt es besonders viele Bären?

Michaela: In Osteuropa gibt es in einigen Gebieten eine sehr hohe Bärendichte. Insbesondere in der Slowakei und Rumänien. Im Alpenraum sind es eher Einzeltiere. Hier kann noch nicht von einer Population gesprochen werden. Im Gegensatz zu Osteuropa sind die Menschen hier aber noch nicht an die Tiere gewöhnt. Auch in Gegenden Spaniens und Nordeuropas gibt es wieder mehr Bären! Übrigens: Wenn wir hier von Bären sprechen, reden wir im Normalfall von Braunbären.

MyTrails: Gibt es irgendwelche Karten oder Informationsstellen, wo man als Wanderer, Weitwanderer oder Trekker sehen kann, dass man sich in einem Bärengebiet befindet?

Michaela: Leider nein. Dies wäre aber ein langfristiges Ziel. Leider fehlt es hierzu allerdings an Daten und auch an der Unterstützung von offizieller Stelle. Generell wäre eine solche Karte aber mach- und auch umsetzbar!

Bär Europa Zelten Trekking Wandern gefährlich

MyTrails: Wie hoch ist in diesen Gebieten in etwa die Wahrscheinlichkeit, dass man (Sicht-)Kontakt zu einem Bären hat?

Michaela: Im Alpenraum ist es sehr, sehr unwahrscheinlich. In Gebieten, wo eine Population (z.B. in Osteuropa) vorherrscht, sieht es natürlich anders aus. Die Wahrscheinlichkeit auf einen Kontakt zu Bären ist aber von vielen Faktoren abhängig: So ist es deutlich wahrscheinlicher, wenn man sehr früh morgens oder spät abends unterwegs ist. Bären versuchen den Kontakt zu Menschen zu vermeiden und sind daher meist dann unterwegs, wenn die Menschen für gewöhnlich nicht in der Natur sind. Bewegt man sich also außerhalb der für Menschen typischen Zeiten, hat man eine höhere Wahrscheinlichkeit auf Kontakt. 

Auch trifft man häufiger auf Bären, wenn man allein und leise unterwegs ist. Das Wandern in einer Gruppe verringert also die Wahrscheinlichkeit, da die höhere Geräuschkulisse die Bären verscheucht. 

Ich hatte in meinem ganzen Leben nur drei ungeplante Bärenkontakte und das obwohl ich jahrelang mitten im Wald nahe einer Bärenpopulation lebte und mit den Tieren forschte.

MyTrails: Wie verläuft so ein Kontakt / eine Sichtung im Regelfall ab? Zeigen die Bären eher Interesse an den Menschen oder suchen sie das Weite?

Michaela: Meist erschrecken die Bären, haben Angst und suchen das Weite. Vereinzelt bleiben sie stehen, stellen sich auf die Hinterpfoten und versuchen so aus der Ferne die Situation besser einzuschätzen. Zu gefährlichen Situationen kann es eigentlich nur kommen, wenn es sich um einen auffälligen Bär handelt und er überrascht wird und keinen anderen Ausweg mehr sieht. 

MyTrails: Gibt es Empfehlungen, wie man sich bei einer Sichtung oder einem Kontakt verhalten soll? 

Michaela: Man darf nie vergessen: Der Bär hat Angst! Je ruhiger man selbst bleibt, umso ruhiger bleibt der Bär. Man sollte ruhig zu sprechen beginnen und nicht anstarren. Nicht laufen und sich stattdessen vorsichtig zurückziehen. Sollte es zu einem Angriff kommen, sollte man sich einrollen und die Bauchregion schützen. 

Dies gilt für den europäischen Braunbären! Bei den amerikanischen Schwarzbären kann es auch erforderlich sein, dass man sich eher verteidigt, groß macht und wehrhaft ist, aber das ist leider situationsbedingt.

Bärenspray ist wirksam, sollte aber auf keinen Fall voreilig verwendet werden. 

Verwendet man das Spray aus zu großer Entfernung, kann es sein, dass das Spray nicht wirkt und sich der Bär dadurch bedroht fühlt. Es ist daher ratsam, so lange wie möglich ruhig zu bleiben und erst als letzten Ausweg das Spray zu verwenden.

Übrigens: Wenn man den Bären aus großer Entfernung sieht, sollte man einfach ruhig bleiben. Versperrt der Bär die Wanderroute, sollte man gegebenenfalls auf eine alternative Strecke ausweichen oder warten, bis der Bär verschwunden ist.

Bär Zelten Trekking Weitwandern

MyTrails: Inwiefern muss man bei Übernachtungen im Zelt in einem Bärengebiet etwas Besonderes beachten? Besonders bei der Vorbereitung auf eine Wanderung oder Trekkingtour stellen sich viele unserer User diese Frage! In den USA sind in entsprechenden Gegenden Bärenkanister vorgeschrieben und das Essen muss außerhalb des Zeltes aufbewahrt werden. Macht das auch in den Bärengebieten Europas Sinn oder ist hier die Bärenpopulation noch nicht groß genug?

Michaela: Hierzu gibt es in Europa zu wenige Beobachtungen. Es gab in den letzten Jahren keinen einzigen gemeldeten Bärenkontakt zu Menschen in Zelten. Um Probleme zu vermeiden, ist es aber empfehlenswert, Vorkehrungen wie in den USA zu treffen, also die Nahrungsmittel beim Trekking außerhalb der Reichweite von Tieren zu deponieren. Hier geht es aber weniger um die Vermeidung von Angriffen, sondern um unangenehme und natürlich beängstigende Situationen in der Nacht im Zelt auszuschließen. Selbige Situationen können sich auch mit anderen Tieren ergeben, z.B. bei Wildschweinen. In Bärengebieten mit einer großen Population wie der Slowakei wäre eine Übernachtung in einer Schutzhütte empfehlenswert.

Insgesamt ist aber zu sagen, dass man auch bei Trekkingtouren oder Weitwanderungen in Europa nach wie vor keine Angst vor Bären haben muss! In Gegenden mit einer hohen Bärenpopulation, sollte dies aber in die Planung mit einfließen und entsprechende Vorkehrungen getroffen werden.

MyTrails: Muss man beim Kochen oder beim Umgang mit Lebensmittel in Bärengebieten allgemein etwas beachten? Dies ist auf Trekkingtouren regelmäßig der Fall!

Michaela: Es lässt sich nicht ausschließen, dass das Zubereiten von Nahrung einen Bären anlockt. Insbesondere wenn man Fleisch oder Fisch über offenem Feuer zubereitet, bedeutet das natürlich eine wahre Geruchsexplosion für Wildtiere. Die Zubereitung von Müsli, Porridge oder Tütennahrung mit Wasser ist wesentlich geruchsneutraler und sollte daher auch kein Problem darstellen.

MyTrails: Gibt es abschließend noch etwas, was Sie uns mit auf den (langen) Weg geben möchten?

Michaela: Auf den Wegen bleiben und sich rücksichtsvoll gegenüber der Natur verhalten. Die ganz frühen und sehr späten Stunden sollte man vermeiden. In Gebieten mit einer großen Bärenpopulation macht es Sinn, miteinander zu reden oder ein Glöckchen zu tragen. So macht man die Bären frühzeitig auf sich aufmerksam und man schließt Überraschungen aus. Auch bezüglich der Jahreszeiten gibt es keine nennenswerten Unterschiede oder Verhaltensregeln.

Wichtig zu wissen ist auch, dass die Bären sehr wohl das Wetter beobachten, da sie bemerkt haben, dass bei Nebel und Regen weniger Menschen unterwegs sind und sie somit sogar am Tag aktiv sein können. Vielleicht sollte man zu solchen Zeiten seine Umgebung besser beobachten und einfach vorsichtiger sein.

MyTrails: Das war dann auch schon unsere letzte Frage zum Thema “Bären und Trekking in Europa”. Vielen Dank nochmals für deine Zeit und die Beantwortung der Fragen. Es war sehr hilf- und aufschlussreich!

Michaela: Danke ebenso!

© Michaela Skuban

 

You may also like

Leave a Comment

Bei MyTrails findest du die schönsten und bekanntestens Trekkings und Weitwanderungen. Lass dich inspirieren und finde alle wichtigen Infos für dein nächstes Abenteuer!

Copyright @2023 All Right Reserved – MyTrails GmbH

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner