Was ist das Jedermannsrecht und wo in Europa darf man wildcampen?

by Vera
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Viele Menschen begeben sich auf eine Trekkingtour, um mal rauszukommen – für die Ruhe, die Freiheit und die frische Luft. Und was ist besser geeignet für das absolute Freiheitsgefühl als eine Übernachtung in der Wildnis? Du baust dein Zelt auf wo du willst – dort wo es dir gefällt, unabhängig von einem Campingplatz oder Unterkunft. Deinen Abend lässt du mit einem Feuer und dem Blick auf den Sternenhimmel ausklingen und lauschst den Klängen der Natur. Ein richtiges Abenteuer!

In einigen Ländern unterliegt das Wildcampen einem eigenen Begriff – dem Jedermannsrecht. Was genau das ist und welche Pflichten damit zusammenhängen erfährst du in diesem Beitrag. Außerdem erklären wir dir, in welchen europäischen Ländern das Wildcampen und/oder das Jedermannsrecht erlaubt ist.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist das Jedermannsrecht?
  2. Pflichten des Jedermannsrecht
  3. Wo gilt das Jedermannsrecht und wo darf man wildcampen?
    1. Norwegen
    2. Schweden
    3. Finnland
    4. Schottland
    5. Schweiz
    6. Irland
    7. Island
    8. Dänemark
    9. Balkanregion: Bosnien und Herzegowina, Albanien und Kosovo
    10. Polen
    11. Estland, Lettland und Litauen
    12. Deutschland
    13. Österreich
    14. Südeuropa: Spanien, Portugal, Italien und Frankreich

Was ist das Jedermannsrecht?

Das sogenannte Jedermannsrecht stammt aus Skandinavien und ist ein Recht auf den Zugang zur freien Natur. Das bedeutet, dass jede*r sich frei in der Natur/Wildnis bewegen und diese nutzen darf und geht weit über das reine Betreten der Natur hinaus. Dahinter verbirgt sich der Gedanke, dass jede Person unabhängig von Status oder Geld, das Recht auf den Genuss der freien Natur hat.

In den meisten Fällen fallen die folgenden Punkte darunter:

  • Sportarten aus eigener Kraft wie Trekking, Fahrrad fahren oder Angeln
  • Wildcamping in einem Zelt
  • Wilde Beeren oder Pilze sammeln (für den eigenen Bedarf)
  • Feuer machen (an Orten ohne Brandgefahr)

Je nach Land gibt es Unterschiede in der Ausprägung des Rechtes und in vielen Ländern gibt es das Jedermannsrecht gar nicht. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass du dort auch nicht wildcampen darfst. Einige dieser Länder erlauben weit mehr als das reine Betretungsrecht der Natur und nähern sich somit dem Jedermannsrecht an, auch wenn sie es so nicht per Gesetz verankert haben.

Daher haben wir anschließend noch eine Auflistung verschiedener Länder in Europa und die dort bestehenden Regeln.

Pflichten des Jedermannsrecht

Doch bevor wir mit den verschiedenen Ländern starten, gibt es noch einige mit dem Jedermannsrecht einhergehende Pflichten zu beachten. Denn der Zugang und die Nutzung der freien Natur sollte nicht als Selbstverständnis betrachtet und ausgenutzt werden.

Jede Person, die von diesem Recht Gebrauch macht, übernimmt gleichzeitig Verantwortung über die Natur. Vor allem Feuer sollte nur mit Bedacht entzündet werden, am besten an bestehenden Feuerstellen und an Orten ohne Brandgefahr, zum Beispiel auf Sand oder großen Felsen/Steinen. Stelle außerdem sicher, dass das Feuer aus ist, wenn du den Ort verlässt.

Zudem sollte der Schlafplatz gewissenhaft ausgewählt werden. Auch wenn eine Nacht in der Wildnis ein wahres Abenteuer ist, solltest du darauf achten, Tiere und Menschen so wenig wie möglich zu stören. Das bedeutet vor allem für den Schutz der Tiere sich ruhig zu verhalten und Übergänge von Vegetationszonen sowie Futter- oder Wasserstellen als Schlafplatz zu meiden. Für die Privatsphäre der Menschen sollte nicht in der Nähe von Hütten oder belebten/beliebten Orten übernachtet werden. Außerdem solltest du zum Schutz des Bodens dein Zelt nicht länger als zwei Nächte stehen lassen.

Generell gilt: Leave no trace. Verlasse die Natur immer so, wie du sie aufgefunden hast, beschädige nichts und hinterlasse keinen Müll oder Fäkalien. Deine Hinterlassenschaften vergräbst du am besten nicht in der Nähe von Wasserquellen oder Flussläufen und nutzt nur normales Toilettenpapier, da dieses am schnellsten verrottet.

Zusammengefasst bedeutet das Jedermannsrecht also, dass du die freie Natur für gewisse Sportarten und Wildcampen (in bestimmten Ländern) nutzen darfst, solange du dabei Verantwortung trägst und die Natur schützt.

Wo gilt das Jedermannsrecht und wo darf man wildcampen?

Wie bereits erwähnt, stammt die Idee des Jedermannsrechtes aus Skandinavien und ist daher vor allem in Norwegen, Schweden, Finnland und Schottland erlaubt. Je südlicher man in Europa reist, desto weniger ist erlaubt und teilweise ist das Jedermannsrecht beziehungsweise die damit einhergehenden Rechte verboten und das Jedermannsrecht an sich gibt es nicht.

Außerhalb von Europa ist das Jedermannsrecht und insbesondere Wildcamping größtenteils entweder verboten, nicht sicher oder aufgrund von Minen oder anderen Gründen nicht möglich.

Im Folgenden beziehen wir uns daher auf Europa. Die Länder, die nicht genannt werden, haben kein generelles Jedermannsrecht und man kann davon ausgehen, dass dort kein Wildcampen erlaubt ist.

🟢 problemlos erlaubt

🟡 teilweise erlaubt

🔴 fast gar nicht erlaubt / komplett verboten

🟢 Norwegen

Bereits seit 1957 steht das Jedermannsrecht (Allemannsretten) in Norwegens Gesetzbuch und ist mit den genannten Regeln vereinbar. Außerdem gibt es noch einige weitere Regelungen zu beachten, die wichtigsten haben wir hier aufgeführt:

  • Mindestens 150 m Abstand zum nächsten bewohnten Haus bei der Wahl des Schlafplatzes
  • Grundbesitzer fragen, falls man länger als zwei Nächte an derselben Stelle schlafen möchte
  • Lagerfeuer sind in den Sommermonaten vom 15. April bis 15. September verboten (außer an Orten ohne Brandgefahr)

Mehr Details gibt es auf der offiziellen Seite Norwegens.

🟢 Schweden

Auch in Schweden ist das Jedermannsrecht (Allemansrätt) seit 1994 im Gesetz verankert und auch hier gelten die oben genannten Regeln. Zusätzlich gilt:

  • Es dürfen alle Beeren, Pflanzen, Pilze und Nüsse gesammelt werden, solange sie nicht geschützt oder in Naturschutzgebieten/Nationalparks wachsen
  • Hunde müssen während der Brutzeit der Vögel (1. März bis 20. August) an die Leine genommen werden
  • Jedermannsrecht gilt für Land und Wasser
  • Jedermannsrecht gilt nicht für motorisierte Fahrzeuge

Mehr Details gibt es auf der offiziellen Seite Schwedens.

🟢 Finnland

Finnlands Jedermannsrecht (Jokamiehen oikeudet) erlaubt dir auch fast alle bereits genannte Rechte und Pflichten. Zusätzlich ist hier das Jagen und Fischen (mit Ausnahme von Angeln) ohne Genehmigung verboten, genauso wie Lagerfeuer. Diese dürfen nur auf Lagerfeuerplätzen gezündet werden und dort auch nur, wenn keine Brandgefahr besteht.

Mehr Details gibt es auf der offiziellen Seite Finnlands.

🟢 Schottland

In Schottland wird das Jedermannsrecht als „Scottish Outdoor Access Code“ bezeichnet, welcher auf drei Prinzipien basiert:

  • Respektiere die Interessen anderer
  • Schütze die Umwelt
  • Übernehme Verantwortung für dein eigenes Verhalten

Hier darf man wie in Skandinavien die meisten Gebiete betreten und dort übernachten, mit Ausnahme von landwirtschaftlichen Flächen und der Umgebung von Gebäuden. Zudem gelten die Rechte nicht für motorisierte Aktivitäten, Jagen, Schießen oder Angeln.

Mehr Details gibt es auf der offiziellen Seite Schottlands.

🟢 Schweiz

Das Jedermannsrecht ist zwar in der Schweiz auch gesetzlich verankert, die genaue Regelung unterscheidet sich jedoch von Kanton zu Kanton. Daher ist es hier schwierig, von einer allgemeinen Regelung auszugehen und es ist empfehlenswert, sich im Vorfeld genau zu informieren.

Allgemein verboten ist das Wildcampen jedoch zum Schutz der Natur in Naturschutzgebieten, Nationalparks, eidgenössischen Jagdbanngebieten, Wildruhezonen und dort wo ein allgemeines Betretungsverbot herrscht.

Meistens sind einzelne Übernachtungen im Gebirge oberhalb der Waldgrenze und auf Privatgrundstücken (mit Erlaubnis) erlaubt, aber auch hier gilt: Informiere dich vorab! Dort wo es erlaubt ist, gelten die bereits genannten Grundsätze, wobei Toilettenpapier nicht in der Natur gelassen werden sollte und auch kein Feuer entfacht werden sollte.

🟢🟡 Irland

Da ein Teil Irlands zum Vereinigten Königreich gehört, gibt es keine einheitliche Regelung für das Jedermannsrecht. Rein rechtlich ist das Wildcampen nicht erlaubt, da der größte Teil der Fläche in Privatbesitz ist. Es gibt jedoch immer die Möglichkeit den Privatbesitzer um Erlaubnis zu bitten und für den Fall, dass man doch eine Nacht im Freien verbringen darf, gibt es den sogenannten „Wild Camping Ireland Code“. Dieser umfasst im Grunde die bereits genannten Grundsätze und Pflichten des Jedermannsrechts.

Für vier bestimmte Trails haben die umliegenden Landbesitzer das Wildcampen generell erlaubt:

  • The Coillte Land and Recreational Forests
  • National Waymarked Trails
  • National Looped Walks
  • The Slí na Sláinte

Eine Karte mit über 200 erlaubten Übernachtungsmöglichkeiten, sowie weiteren Informationen über das Jedermannsrecht Irlands findest du hier.

🟢🟡 Island

Laut dem Artikel 21 des Naturschutzgesetzes Islands darf man die Natur überall betreten und genießen, solange man sie schützt und nicht zerstört (almannaréttur). Daher sind alle öffentlichen Gebiete mit einigen Ausnahmen (zum Beispiel während der Brutzeit) für jedermann zugänglich. Zu beachten ist jedoch die empfindliche Vegetation und das Klima auf der Insel, so sollten natürliche Abfälle nicht liegengelassen werden, da diese durch die Kälte schlecht verrotten. Für den Eigenbedarf darf man außerdem Beeren, Pilze oder Kräuter sammeln, in großen Mengen muss zuerst um Erlaubnis gefragt werden.

Ein weiterer wichtiger und erlaubter Punkt ist die Übernachtung im Freien. Für eine Nacht darf man in der Natur schlafen so lange keine Schilder aufgestellt sind. Als Gruppe sollte man jedoch immer den Landbesitzer um Erlaubnis bitten. Dieser kann außerdem diese Jedermannsrechte auf seinem Land mithilfe von Schildern limitieren.

Das Jedermannsrecht Islands stammt jedoch aus einer Zeit als die Insel noch nicht von Touristen überlaufen wurde. Mittlerweile gibt es immer mehr Konflikte und man sollte sich daher immer aktuell über die Regelungen informieren.

🟡 Dänemark

In Dänemark gibt es zwar kein richtiges Jedermannsrecht, die dänische Naturverwaltung erlaubt dennoch verschiedene Arten der Übernachtung in der Wildnis:

  • Auf dem Waldboden schlafen (Matte, Schlafsack, Decke oder Hängematte), jedoch nicht im Zelt
  • Bis zu zwei Tage auf kleinen Lagerplätzen für max. fünf bis acht Zelte
  • Lagerplätze für Gruppen
  • Freies Zelten in über 200 Wäldern

Weitere Informationen zu den Lagerplätzen und erlaubten Wäldern findest du hier.

🟡 Balkanregion: Bosnien und Herzegowina, Albanien und Kosovo

In der immer beliebteren Balkanregion ist das Wildcampen in einigen Ländern offiziell erlaubt. So darfst du in Albanien in der Natur generell frei übernachten, bei Nationalparken und privaten Grundstücken fragst du zur Sicherheit lieber nochmal nach.

In Bosnien und Herzegowina ist das Wildcampen per Gesetz zwar verboten, aber meistens wohl trotzdem toleriert, vor allem wenn bei Privatbesitz um Erlaubnis gefragt wurde.

Im Nachbarland Kosovo gibt es weder ein Gesetz für oder gegen das Wildcampen. In den meisten Fällen wird es ohne Probleme von der Bevölkerung toleriert.

Der einzige Knackpunkt in dieser Region und ein wichtiger Sicherheitsfaktor sind die noch immer liegenden Minen in den ehemaligen Kriegsgebieten.

🟡 Polen

Auch in Polen gibt es kein generelles Jedermannsrecht. Seit 2021 darf man jedoch in 425 Waldgebieten wildcampen – egal ob in einer Hängematte, Iso-Matte oder im Zelt. Alle erlaubten Stellen findest du hier. Die Regeln hierfür sind:

  • Nur zwei Nächte an derselben Stelle
  • Gruppen mit mehr als neun Personen brauchen eine Anmeldung
  • Feuer ist an ausgewiesenen Feuerstellen erlaubt
  • Es dürfen keine Spuren oder Müll hinterlassen werden

Zusätzlich darf man mit der Erlaubnis des Landeigentümers auf dessen Grundstück übernachten.

🟡 Estland, Lettland und Litauen

In diesen Ländern ist das Wildcampen unter bestimmten Bedingungen wie die oben genannten Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Jedermannsrecht stehen, erlaubt – und das egal ob in öffentlichen oder privaten Waldgebieten so lange keine Schilder etwas anderes vorschreiben. In Schutzgebieten, Dünen- oder Militärgebieten ist eine Übernachtung im Freien allerdings generell verboten.

Man wird jedoch darauf hingewiesen, bereits vorhandene Feuerstellen zu nutzen und auch auf den bereits vorhandenen Trekkingplätzen zu übernachten.

Mehr Details gibt es auf der offiziellen Seite der jeweiligen Länder:

🔴 Deutschland

In Deutschland hingegen gibt es kein Jedermannsrecht und die Übernachtungen in der Wildnis wird von den jeweiligen Bundesländern geregelt, jedoch ist die Gesetzteslage sehr unübersichtlich. In einigen Bundesländern wie Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Hessen und Berlin ist das Zelten in der Natur nicht explizit verboten, jedoch ist es oft unklar, ob die jeweilige Fläche Privatbesitz ist oder nicht. Außerdem bedeutet es im Umkehrschluss nicht, dass es erlaubt ist. Empfehlenswert ist eine Übernachtung daher nicht.

Als sichere Alternative wurden mittlerweile Trekkingplätze geschaffen, die außer einem Stellplatz nicht viel mehr zu bieten haben und daher der Übernachtung in der Wildnis am nächsten kommen.

🔴Österreich

Generell verboten ist das Wildcampen Österreich, und es gibt somit auch kein Jedermannsrecht. Auch hier unterscheiden sich die genauen Regelungen je nach Bundesland, wobei die strengsten Regeln länderübergreifend in Schutzgebieten und Waldbereichen bestehen. In Wäldern ist das Zelten ausnahmslos verboten.

Oberhalb der Baumgrenze unterscheiden sich die Regelungen je nach Bundesland und auch das Biwakieren ist in Teilen erlaubt, beispielsweise wenn es sich um notdürftiges Biwakieren handelt. Daher gilt auch hier: Informiere dich vor deiner Trekkingtour über das jeweilige Bundesland.

Mehr Details gibt es auf der offiziellen Seite Österreichs.

🔴 Südeuropa: Spanien, Portugal, Italien und Frankreich

In diesen Ländern ist das Wildcampen generell verboten und man muss mit hohen Strafen rechnen, falls man es doch riskiert. In Italien gibt es in den Bergregionen einige Ausnahmen, wenn vorher eine Genehmigung eingeholt wird. Außerdem erlaubt Frankreich das Biwakieren (teilweise mit Zelt) zwischen 19 Uhr und 9 Uhr in einigen Nationalparks an ausgewiesenen Plätzen. Du kannst es dir wahrscheinlich schon denken, aber auch hier gilt: Informiere dich vorab!

Eine Nacht unter den Sternen umgeben von purer Wildnis und dem Surren der Insekten ist nicht nur möglich, sondern in einigen Ländern sogar Teil der Tradition und durchaus erwünscht. Suche dir die passende Trekkingtour auf unserer Trailsuche und dein Abenteuer kann beginnen! ABER: Vergiss nie die Natur und sie zu schützen!

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