Einen Fernwanderweg im Winter zu begehen ist eine einzigartige Erfahrung. Auch wenn es vorerst Überwindung kosten mag, in der kalten Jahreszeit die Wanderschuhe zu schnüren, wirst du mit besonderen Naturkulissen und Erlebnissen belohnt. Von verschneiten Wäldern bis hin zu Polarlichtern gibt es vieles zu entdecken auf den Winterwanderwegen.
Doch auch wenn dieses Winterwunderland ruhig und friedlich erscheint, sollte das Trekking bei kalten Temperaturen gut geplant sein. In diesem Artikel zeigen wir dir, worauf du bei der Vorbereitung achten musst und welche Herausforderungen das Weitwandern in Schnee und Eis mit sich bringt. Dabei gehen wir davon aus, dass in Berghütten und nicht im Zelt übernachtet wird. Campingausrüstung ist daher ausgenommen.
Inhaltsverzeichnis
Bekleidung
Das altbewährte Zwiebelprinzip ist insbesondere beim Trekking im Winter von großer Bedeutung. Mit mehreren Schichten kannst du dich bestmöglich auf kalte Temperaturen vorbereiten. Trotzdem ist es wichtig, dass du dich auch bei niedrigen Temperaturen nicht zu warm einpackst. Es ist besser, in der ersten halben Stunde etwas zu frieren, als warm zu starten, anschließend zu schwitzen und den restlichen Tag über zu frieren. Grundlegend solltest du am Oberkörper Base-, Mid-Layer und Shell tragen.
Base-Layer
Funktionsunterwäsche bietet gegenüber herkömmlicher Unterwäsche den Vorteil, dass Feuchtigkeit vom Körper schnellstmöglich nach außen transportiert wird. So verhinderst du, durch deinen eigenen Schweiß auszukühlen. Auf Kleidung aus Baumwolle solltest du bei deinem Abenteuer in Schnee und Eis also besser verzichten! Merinowolle hingegen eignet sich durch ihre temperaturregulierenden Eigenschaften besonders gut für Wanderungen im Winter. Bei Hitze wirkt das Material kühlend und bei Kälte wärmt es. Außerdem bietet Unterwäsche aus Merinowolle gegenüber Synthetik den Vorteil, dass sie problemlos mehrere Tage am Stück getragen werden kann, ohne unangenehme Gerüche zu verbreiten. Auf der anderen Seite ist synthetische Funktionskleidung noch atmungsaktiver und trocknet schneller als das Naturmaterial.
Mid-Layer
Der Mid-Layer ist die Isolationsschicht deiner Ausrüstung. Bevor du ein Kleidungsstück wählst, solltest du noch einmal die Wetterbedingungen deines gewählten Trails begutachten. Fleecejacken oder -pullover sind warm und trocknen schnell, allerdings sind sie auch sehr windanfällig. Wenn du also in einer windigen Gegend unterwegs bist, solltest du zusätzlich ein winddichtes Shell tragen. Bei extremer Kälte ist eine synthetische Isolationsjacke als Mid-Layer empfehlenswert, da sie im Vergleich zur Fleecejacke noch wärmer ist.
Mit in den Rucksack gehört außerdem eine Daunenjacke. Auch wenn sie in der Bewegung oft zu warm ist, bieten Daunen die perfekte Isolation im Ruhezustand. Für Pausen solltest du daher etwas Platz für die Daunenjacke einräumen. Vorsicht ist jedoch bei Feuchtigkeit geboten. Wird das Material feucht, verliert es seine Isolationsfähigkeit und kann mehrere Tage zum Trocknen benötigen. Verzichte also lieber auf den Schneeengel in deiner Daunenjacke. Wenn du Daunen als Material vermeiden möchtest, kannst du auch zu einer dickeren synthetischen Isolationsjacke greifen. Diese sind allerdings vom Packmaß größer und schwerer, dafür aber feuchtigkeitsbeständig.
Shell
Unter den Shells gibt es zwei Hauptkategorien: Hard- und Softshells. Ein Softshell ist winddicht, sehr atmungsaktiv und wasserabweisend. Damit ist es gut für kalte, trockene Bedingungen geeignet. Vor allem bei großer Anstrengung dauert es deutlich länger, bevor Schweiß auf der Innenseite kondensiert. Wasserdicht ist das Softshell allerdings nicht. Wenn auf deiner Tour nicht damit zu rechnen ist, dass du mehrmals täglich im hohen Schnee landest, ist das Softshell eine gute Wahl. Wird auf deinem Abenteuer viel Nässe erwartet, solltest du jedoch zu einem wasserdichten Shell greifen. Hier kommt das Hardshell ins Spiel. Wind- und wasserdicht sowie atmungsaktiv schützt es dich gegen die Elemente.
Des Weiteren ist es wichtig darauf zu achten, dass deine Trekkingjacke zum Tragen vom Rucksäcken geeignet ist – das ist bei ultraleichten und 2-lagen Jacken oft nicht der Fall. Es sollte also eine drei Lagen Membran-Jacke gewählt werden. Eine PU beschichtete Jacke eignet sich weniger gut, da diese meist kaum oder gar nicht atmen und dein Mid-Layer schnell durchgeschwitzt sein wird. Zuletzt solltest du auf eine Unterarmbelüftung achten. Diese kann geöffnet werden, um Feuchtigkeit einen leichteren Weg zu bieten, nach außen zu treten.
Außerdem dürfen Mütze, Schal und wasserdichte Winterhandschuhe nicht fehlen.
Hose
Auch hier gilt wieder: Herkömmliche Kleidung wie Jeans oder Baumwollhosen eignen sich nicht. Stattdessen solltest du erneut auf eine gute Kombination aus atmungsaktiv und wasserfest setzen. Geeignet ist zum Beispiel eine Kombination aus langer Skiunterwäsche, aus Synthetik oder Merinowolle, zusammen mit einer normalen Wanderhose. Alternativ kannst du eine wasserabweisende und winddichte Softshell-Wanderhose wählen. Skihosen sind für eine sportliche Wanderung häufig zu warm.
Schuhe
Das Trekking bei kalten Temperaturen und im Schnee stellt andere Anforderungen an das Schuhwerk als das Wandern in den warmen und trockenen Jahreszeiten. Doch auch wenn der Name es vermuten lässt, sind Winterschuhe für Winterwanderungen eher ungeeignet. Diese sind zwar schnee- und somit wasserfest, allerdings nicht atmungsaktiv und bei andauernder Bewegung häufig zu warm. Stattdessen kannst du auf deine klassischen Wanderschuhe vertrauen, soweit sie folgende Anforderungen erfüllen. Allem voran sollten sie wasserfest oder zumindest stark wasserabweisend sein. Als Material für den Schuh wird hier vermehrt Leder oder eine Kombination aus Leder und Gore-Tex verwendet. So bleiben deine Füße über die mehrtägige Tour warm und trocken. Die Schuhe sollten hoch geschnitten sein, damit auch von oben möglichst wenig Schnee eindringen kann.
Wenn du auf deiner Tour viel Schnee erwartest, solltest du dich zudem informieren, ob du Schneeschuhe oder Tourenski benötigst. Zusätzlich kann es sich lohnen, in ein Paar Gamaschen zu investieren, sodass deine Füße auch im tiefen Schnee trocken bleiben. Neben trockenen möchten wir aber vor allem warme Füße. Aus diesem Grund sollten Winterwanderschuhe über Isolierung gegen die vom Boden aufsteigende Kälte verfügen.
Vor allem wenn du den ganzen Tag hauptsächlich in Bewegung bist, sind ein paar isolierende Einlegesohlen ausreichend. Als Material wird zum Beispiel Schafsfell oder Filz verwendet.
Rucksack
Auch wenn du auf deiner Fernwanderung keinen Schneesturm erwartest, wird dein Rucksack doch mit Nässe in Berührung kommen. Ein Regenüberzug ist in den meisten Fällen ein ausreichender Schutz und wird bei vielen Wanderrucksäcken mitgeliefert. Wenn du außerdem einige Strecken mit Schneeschuhen bewältigen möchtest, achte darauf, dass der Rucksack diesbezüglich ausgestattet ist und du dein Equipment an ihm befestigen kannst.
Sonstiges
Für mehrtägiges Trekking im Schnee bedarf es über die richtige Kleidung hinaus, noch weiteres Equipment. Im Winter sind die Tage bekanntlich kürzer und eine Stirnlampe im Gepäck somit essentiell. Trotz noch so guter Planung kann eine Etappe, vor allem im Schnee, länger dauern als erwartet. Den Weg im Dunkeln zu begehen kann überaus gefährlich werden.
Erwartest du außerdem Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes, sollten die Grödel in deinem Rucksack nicht fehlen. Diese leichten Steigeisen geben dir auf eisigem Untergrund Halt und passen auf fast alle Wanderschuhe. Trotzdem empfehlen wir dir, dich bereits vor dem Start deiner Tour mit den Grödel vertraut zu machen und sie einmal an deinen Schuhen anzubringen.
Darüber hinaus solltest du immer ein zusätzliches Set Klamotten bei dir tragen. Du musst nicht extra eine weitere Jacke mitnehmen, aber ein Paar Socken und ein zweites T-Shirt/Baselayer sollten in deinem Rucksack nicht fehlen. So verhinderst du, aufgrund durchnässter Kleidung auszukühlen.
Als letzter Tipp möchten wir dich daran erinnern, eine Powerbank mitzunehmen, denn bei kalten Temperaturen entladen sich Akkus besonders schnell.
Sicherheit
Das Weitwandern im Schnee birgt neben der Kälte und der Dunkelheit noch weitere Herausforderungen und auch Gefahren, auf die du dich dringend vorbereiten solltest.
Ein großes Risiko sind Lawinen, auch wenn dies nicht für jeden Winterweitwanderweg gilt. Trotzdem musst du diese Gefahr bedenken und dich immer über die aktuelle Lawinengefahr, des von dir gewählten Trails, informieren. Zur Lawinenausrüstung zählen ein Lawinenverschüttungssuchgerät (LVS), eine Sonde und eine Schaufel. Im Ernstfall kannst so deine*n verschüttete*n Trekkingpartner*in retten. Alleine einen Weitwanderweg mit Lawinengefahr zu begehen, empfehlen wir demnach nicht.
Neben der Lawinenausrüstung darf aber natürlich auch das klassische Erste-Hilfe-Set nie im Rucksack fehlen.
Planung
Wie dir wahrscheinlich schon anhand der Ausrüstung und Sicherheitsvorkehrungen bewusst geworden ist, erfordert eine Weitwanderung im Winter eine andere, teils auch intensivere Planung, als dieselbe Trekkingtour im Sommer. So ist auch die Wahl des richtigen Trails, besonders für Anfänger*innen, wichtiger als in warmen Jahreszeiten. Es gibt eigens für Winterweitwanderungen ausgelegte Trails – in diesem Artikel haben wir bereits einige von ihnen vorgestellt.
Wenn du auf Hütten als Übernachtungsstätte angewiesen bist, solltest du dich auf diese ausgeschriebenen Wege fokussieren. Wählst du keinen expliziten Winterweitwanderweg, informiere dich vorher darüber, ob die Hütten auf deinem Weg geöffnet sind oder ob geschlossene Hütten über einen Winterraum verfügen. Diese Selbstversorgerhütten können durch einen Holzofen beheizt werden. Mit Kochmöglichkeiten, Elektrizität oder fließendem Wasser darfst du hier allerdings nicht rechnen. Wenn du dich für die Übernachtung in einem Winterraum entscheidest, solltest du deine eigene Verpflegung und einen Schlafsack bei dir tragen. Informiere dich außerdem über die Tarife der Winterräume oder lasse eine Spende da, um den Erhalt des Schutzraumes zu finanzieren.
Des Weiteren ist es sehr wichtig, dich vorhinein, aber auch kurz vor und während deiner Weitwanderwege über die Wetterverhältnisse und Temperatur zu informieren. Abhängig von Sonnenauf- und Untergang solltest du deine Etappen planen. Die Temperatur über den Tag lässt auf die Schneeverhältnisse schließen. Bewegen sich die Temperaturen tagsüber auch über den Gefrierpunkt, kann dies nicht nur die Lawinengefahr erhöhen, sondern der aufgetaute Untergrund auch dein Vorankommen erschweren.
Trotz vieler Sicherheitsvorkehrungen und einer spezifischen Planung, sind Trekkingtouren im Schnee keine exklusive Erfahrung für erfahrene Wanderer*innen. Allerdings kann die Überschätzung deiner eigenen Fähigkeiten schnell gefährlich werden. Wenn du also Anfänger*in bist, empfehlen wir dir zunächst eine geführte Weitwanderung im Schnee.
Beitragsbild: von Theo Crazzolara auf Flickr, lizenziert unter CC BY SA